Denk mal
Burganlagen, Fachwerkhäuser, alte Fabrikhallen, Mühlen, Stellwerke und auch Kirchen und Kapellen, die ansonsten nicht unbedingt zugänglich sind, laden ein, in die Vergangenheit einzutauchen. Seit gut 30 Jahren ist dieser Tag das größte Kultur-Event Deutschlands, koordiniert von der Deutsche Stiftung Denkmalschutz; die Schirmherrschaft hat der Bundespräsident. Von Farbe am Denkmal, Holz als Werkstoff, romantische Denkmale des 19. Jahrhunderts oder unbequeme Denkmale jenseits des Guten und Schönen: Jedes Jahr liegt der Schwerpunkt auf einem anderen Aspekt, immer wieder gibt es so etwas Neues zu entdecken. Denkmale speichern Wissen, darin kommen die Lebensideen und Visionen vergangener Generationen zum Vorschein. Die vielen Besucher jedes Jahr machen deutlich, dass Denkmale nicht nur „Geschichte“, also vorbei sind – sie prägen bis heute bewusst oder unbewusst so manches Stadt- oder Dorfbild. Nicht wenige Menschen verbinden mit den Denkmalen auch ein Gefühl von Heimat. Manche Orte stehen für wichtige Meilensteine unserer Entwicklungsgeschichte. Geschichte wird greifbar und begreifbar und verbindet verschiedene Generationen miteinander. So laut
et in diesem Jahr das Motto: "Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte".
Die meisten Zeugnisse stammen aus längst vergangenen Tagen, die dann an diesem einen Tag ins Bewusstsein hineingeholt werden. Doch sie sensibilisieren für das kulturelle Erbe unseres Landes.
Ein bekannter Zeitzeuge neuerer Geschichte – dessen Zeugen auch wir sind – ist sicherlich Alexej Nawalny. Seit Anfang August ist er bzw. das Stern-Coverblatt mit seinem Foto als großes Plakat – zumindest vorübergehend – auch Teil eines „Denk mal“.
Denk mal – ganz bewusst auseinandergeschrieben. Denn hier geht es – und dazu fordert die Aufschrift auf der Bank geradezu auf - um Nachdenken, Auseinandersetzen mit einem Thema. Die Bank lädt ein, dafür Platz zu nehmen, innezuhalten, sich Zeit zu nehmen – am besten mindestens zu zweit, zum Reden über gesellschaftlich relevante Themen: „Was ist, bedeutet Freiheit? Wie wird Freiheit erlebt? Wie wollen wir in Zukunft zusammenleben? Was bedeutet die Würde des Menschen? Was ist es, was uns als Nation zusammenhält? Wie wollen wir hier in Deutschland zusammenleben?
Manchmal wird es sicher nicht leicht zu verdauen sein, wenn auch unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen, und man bisweilen nicht sofort weiß, wie diese unterschiedlichen Positionen miteinander zu vereinbaren sind.
Nawalny war international gelobt als russischer Oppositionsführer und Anti-Korruptionsaktivist, aber es gab auch kritische Stimmen, die ihm Nationalismus und Populismus vorwarfen. Er hätte gut ins Exil gehen können, doch er blieb und leistete Widerstand gegen das System Putin - und bezahlte das mit seinem Leben. Freiheit für sein Land, das wollte Nawalny.
Was ist uns Freiheit wert? Was ist der Preis? Wie weit wären wir bereit zu gehen?
Wenn man auf der Bank sitzt, schaut man auf einen in den Boden eingelassenen Ge-denk-Stein, den Schüler des Maximilian-Kolbe-Gymnasiums vor 10 Jahren auf dem Rathausplatz enthüllt haben. Er trägt die Inschrift "Frag' nicht, was du getan hättest. Frag' dich, was werde ich tun." …
Ihr Pfarrer Franz Xaver Huu Duc Tran