Zum Inhalt springen
9072_pbs_4888_erwachsene_kinderhand

Mai 2024:Muttertag - Passt das noch?

Shalömchen, am zweiten Sonntag im Mai – dann ist es wieder soweit. Die Blumen sind doppelt so teuer wie sonst - Floristen, Juweliere, Parfümerien und Süßwarenhändler haben Hochkonjunktur. Muttertag. Ob das so von Anna Marie Jarvis, der „Mutter des Muttertages“, die eigentlich selbst gar keine Mutter ist, so gedacht war?

Diesen Tag hat sie ursprünglich ihrer eigenen Mutter gewidmet, die nach dem frühen Tod des Mannes eine Großfamilie von 9 Kindern, darunter ein blindes Kind, zu versorgen hatte. Sie war das Herz der Familie. Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich diese gläubige Christin nicht nur für ihre Familie, sondern dazu auch für andere Mütter ein. Um der damaligen hohen Kindersterblichkeit entgegenzuwirken, hat sie z.B. Gesundheits- und Hygienekurse angeboten. Diese tapfere Frau hatte seinerzeit schon die Idee, einen „Tag zu Ehren der Mütter“ einzuführen. Das hat die Tochter dann nach dem frühen und unerwarteten Tod der Mutter 1905 umgesetzt, um die Erinnerung an das besondere Wirken ihrer Mutter lebendig zu halten. 1914 wurde der Muttertag in den USA nationaler Feiertag.
Blumen oder sonstige materielle Geschenke waren der „Mutter des Muttertags“ allerdings zu wenig. Dieser Tag sollte das Bewusstsein dafür wecken, sich für die Belange und die Rechte der Mütter und Frauen einzusetzen, z.B. auch für das Frauenwahlrecht.

In Deutschland wurde 1922/23 der Muttertag vom… erraten Sie es? Vom…. Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber etabliert und – betont unpolitisch – als Tag der Blumenwünsche gefeiert. Eigentlich müsste er dann ja „Blumentag“ heißen, oder?
Später haben die Nationalsozialisten noch einen „draufgesetzt“ und diesen Tag für ihre menschenverachtende Ideologie missbraucht: es ging den Nazis nicht um die Mutter als Mensch, sondern allein um deren Gebärfähigkeit – je mehr, je besser, und nach Möglichkeit Jungs, und dann „geehrt“ mit dem -  im Volksmund – „Karnickelkreuz“… Kein Wunder also, dass der Muttertag durch diese vielen sinnentstellenden Vereinnahmungen bis heute bei vielen Menschen mulmige, zwiespältige Gefühle hervorruft.

Wäre es in Zeiten, wo die Gesellschaft sich verändert, wo Rollen sich ändern und nicht nur Frauen bzw. Mütter in der Pflege und Kindererziehung tätig sind, vielleicht an der Zeit, den Muttertag – und natürlich auch den Vatertag – neu auszurichten, mit neuem Inhalt zu füllen? Es geht letztlich um die sogenannte „Care-Arbeit“ – Arbeit, mit der Menschen für andere Menschen sorgen, nicht selten un- bzw. unterbezahlt. Wenn es nach Barbara Thissen, Professorin für soziale Arbeit und Gender Studies an der Hochschule Landshut, geht, sollte man den Muttertag und dazu den Frauentag am 8. März gleich mit (und vielleicht auch den Vatertag in einem mit, obwohl der ja auf Christ Himmelfahrt fällt – wieder ein anderes Thema…) umfunktionieren in einen sogenannten „Pride Care Day“. Dieser Tag sollte aufmerksam machen, wie wichtig und kostbar die soziale Arbeit ist, geleistet in der Familie und auch für andere, und zwar unabhängig vom Geschlecht. Dafür sollte politisches Bewusstsein geschärft werden. Und damit käme man dann auch dem Ursprungsanliegen des Muttertages wieder näher…

In diesem Sinne: Blumen sind schön, aber alleine?

Wer weiß, zu welchen Veränderungen uns das Pfingstfest ermutigen könnte, würden wir mehr mit dem Wirken des Hl. Geistes rechnen und uns seiner Inspiration und Führungskraft anvertrauen.

Aber wer weiß, vielleicht entdecken wir bei genauerem Hinsehen, wo der Hl. Geist schon längst mit seiner Schöpferkraft tätig ist...?

 

Frohe Pfingsten, Ihnen und Ihren Familien!

 

Ihr Pfarrer Franz Xaver Huu Duc Tran