
Mai 2025:Ubi caritas et amor, Ubi caritas, Deus ibi est. Wo Liebe und Güte sind, da ist Gott.
Außerdem schaut sie zurück auf ein Ereignis, dass 1.700 Jahre zurückliegt: das Konzil von Nicäa. Was und warum war das so wichtig für die Kirchengeschichte?
Einberufen wurde das Konzil – eine Versammlung von über 300 Bischöfen aus allen Enden seines großen Reiches – nicht von einem Bischof, sondern vom Kaiser: von Konstantin im Mai 325. Das Christentum genoss bereits Religionsfreiheit, aber mehr und mehr entwickelten sich unterschiedliche Auffassungen davon, was man da eigentlich glaubt – und vor allem in welcher Form. Und das bedrohte letztlich den Frieden in Konstantins Reich.
Dieses erste Konzil zeigt, dass Streitfragen nicht unbedingt in Spaltungen enden müssen, sondern in gemeinschaftlicher Beratung und Abwägung in weiten Teilen ein Konsens gefunden werden kann. Die wichtigsten Ergebnisse von Nicäa: Ein festes Datum für das Osterfest und die Grundlagen für das heute noch gebetete Glaubensbekenntnis.
Mit dieser Zusammenkunft iwar ein erstes kirchliches Entscheidungsorgan entstanden, das erstmals einheitliche Regeln für das Glaubensleben für die damals bekannte „oikoumene“, also die ganz bekannte Erde, aufstellte. Und: nach einer landen Phase der Christenverfolgung leitete das Konzil von Nizäa den engen Schulterschluss zwischen Staat (der Kaiser hatte ja eingeladen…) und Kirche ein, der die weitere Kirchengeschichte über Jahrhunderte prägen sollte - im Guten wie leider auch im Schlechten. Im Laufe der Zeit folgten weitere Konzile zu anderen Fragestellungen des Glaubens. Und immer versuchte die Kirche, Mittelwege zu finden, um möglichst viele „mitzunehmen“, denn: katholisch bedeutet ja „allumfassend“. Was aber nicht immer so ganz geklappt hat, denn immer wieder gab es auch Abspaltungen, selbst schon beim allerersten Konzil.
1.700 Jahre sind seitdem vergangen. Schnee von gestern? Oder lohnt es sich, mit der Erinnerung an Nicäa einmal auf heute zu schauen?
- Wie steht es denn heute mit dem Verhältnis von Kirche und Staat?
- Was können die Kirchen heute zum Frieden im Kleinen und Großen beitragen?
- Wie gehen wir mit Differenzen in unseren eigenen Kirchen und in der Gesellschaft um?
- Wie kann die Ökumene, wie wir sie heute kennen, ein Vorbild für Frieden und gelebte Vielfalt sein?
Diesen Fragen und sicher noch einigen mehr stellt sich die Weltkirche bis heute - zuletzt nicht in einem Konzil, sondern in einem ähnlichen Format: der Weltsynode 2024. Das Schlussdokument ebendieser Synode, das von Papst Franziskus als Teil des ordentlichen Lehramts (man beachte - wer hätte das für möglich gehalten!) angenommen wurde, zeigt, dass die Kirche sich auf einen tiefgreifenden Wandel einstellt.
Zentrale Punkte sind:
- Die gemeinsame Taufwürde soll Grundlage für mehr Mitbestimmung sein.
- Die Kirche will niemanden ausschließen und besonders Frauen, Laien und junge Menschen stärker einbeziehen.
- Beratungsgremien sollen mehr Gewicht erhalten und bei Entscheidungen mehr eingebunden werden
- Laien und Kleriker sollen zusammen ausgebildet werden, um das Miteinander zu fördern.
- Diözesen und lokale Bischofskonferenzen sollen mehr Kompetenzen erhalten.
- Der Schutz von Minderjährigen und die Prävention von Missbrauch werden verstärkt.
- Gefordert wird eine neue Art der Ausübung des Papstamtes sowie ein neuer Stil der Zusammenarbeit zwischen römischer Kurie und Ortskirchen.
- Die Kirche will sich stärker für Frieden, Gerechtigkeit und Umweltschutz einsetzen.
Außerdem hat der Papst zahlreiche Themen, z.B. die Frage der Zulassung von Frauen zum Diakonat, die Aufgabe der Nuntien, die Eigenrechtlichkeit der katholischen Ostkirchen u.a. neun Arbeitsgruppen übertragen. Eine Gruppe erarbeitet die nötige Anpassung der vorgeschlagenen Strukturen im kanonischen Recht.
Die Ortskirchen wiederum müssen dabei eine Balance finden zwischen der Treue zur Weltkirche und der Berücksichtigung der Bedürfnisse und Traditionen vor Ort.
Dem Papst scheint es ernst mit dem Wandel. Noch aus dem Krankenhaus kündigte er im März eine weltweite Kirchliche Versammlung für 2028 an. Bis zu dieser "Assemblea ecclesiale" steht nun das Angehen und die Umsetzung der Ergebnisse aus den gemeinsamen Beratungen auf allen Ebenen der Kirche an - eine weitere bedeutende Entwicklung im synodalen Prozess. Die Theologin und Synoden-Teilnehmerin Klara-Antonia Csiszar drückt es voller Hoffnung so aus: "Ich sehe in der heutigen Zeit dieses Projekt von Synodalität zunehmend als ein Friedensprojekt. Die Kirche bemüht sich, verbindende Kräfte zu aktivieren, nicht nur nach innen, sondern mit allen Menschen guten Willens", Die Kirche könne "Räume des konstruktiven Miteinanders öffnen, wo die göttliche Logik der Liebe das letzte Wort hat und nicht das Spalten und Schüren von Hass".
Es ist sicher längst nicht alles angesprochen oder schon umgesetzt, aber es ist etwas in Bewegung. Und wir wissen ja: Gottes Mühlen mahlen langsam – aber sie mahlen.
Und so schließt sich der Kreis. Der Titel der Urkunde, mit der Papst Franziskus das Heilige Jahr seinerzeit angekündigt hat, lautete: „Die Hoffnung enttäuscht nicht" (Spes non confundit).
Ihr Pfarrer Franz Xaver Huu Duc Tran